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Thema des Monats August 2020 – Ordnungsgemäße Kassenführung sowie aktuelle Rechtsentwicklungen

29. Juli 2020

Lesedauer: 10 Minuten

 

 

1. Einleitung 

Sehr geehrte Damen und Herren,

im Rahmen unserer monatlichen Informationen möchten wir Sie in diesem Informationsschreiben auf einen Dauerbrenner in der Theorie sowie in der Praxis – die ordnungsgemäße Kassenführung – hinweisen. Dieser Themenschwerpunkt erfährt vor allem in den letzten Jahren einen erheblichen Wandel durch restriktive Neuerungen mit dem Umgang einer Kasse sowie den Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Kassenführung. Wir haben Sie hierüber bereits in den letzten Jahren umfangreich informiert.

Damit Sie auch in Zeiten, in denen solche Themen vielleicht etwas untergehen mögen, auf dem aktuellste Rechtsstand sind, wollen wir Ihnen hiermit einen Leitfaden mit den wichtigsten Inhalten und aktuellen Entwicklungen rund um das Thema ordnungsgemäße Kassenführung vorstellen.


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2. Historische Entwicklung

Wie bereits erwähnt unterliegt das Thema Kassenführung in den letzten Jahren einem umfangreichen Erneuerungsprozess seitens des Gesetzgebers. Kernpunkte dieser Neuausrichtung waren insbesondere die zwingend vorgeschriebene Einzelaufzeichnungspflicht und Speicherung von Daten elektronischer Kassen im Jahr 2010. Eine weitere Verschärfung wurde im Jahr 2014 im Rahmen der Grundsätze der ordnungsgemäßen Buchführung (GoBD) vorangetrieben. Insbesondere die Regelung, dass eine Kasse Teil der elektronischen Vor- und Nebensysteme ist und dementsprechend in der Verfahrensdokumentation berücksichtigt werden muss, sowie die Einrichtung eines internen Kontrollsystems, waren einige Folgen dieser Verschärfung.

Ende 2016 wurde zudem das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen (sog. Kassengesetz) erlassen. Hierhin wurden alle bereits vorher von der Finanzverwaltung aufgestellten o.a. Regelungen in eine verbindliche Gesetzform übernommen und zudem weitere Verschärfungen rund um das Thema Kasse (z.B. gesetzliche Einzelaufzeichnungspflicht, tägliches Festhalten der Kasseneinnahmen, Belegausgabepflicht ab dem 01.01.2020, zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung sowie Einführung einer Kassen-Nachschau) implementiert.

Diese umfangreichen Neuerungen wurden in den laufenden Jahren sukzessive in der Praxis umgesetzt oder aber auch durch fehlende technische Voraussetzungen weiter in die Zukunft verschoben.

Da nunmehr zumindest teilweise im Laufe des Jahres Übergangspflichten zur Umsetzung dieser Regelungen (insbesondere zur Implementierung der technischen Sicherheitseinrichtung TSE) durch den Steuerpflichtigen auslaufen, möchten wir diesen Anlass dazu nutzen Ihnen Handlungsempfehlungen mit dem Umgang einer Kasse zu geben, sodass Sie sich ohne große Sorgen vor eventuellen Prüfungen Ihrem eigentlichen Kerngeschäft widmen können.

3. Einzelaufzeichnungspflichten

3.1. Allgemein

Laut dem BMF-Schreiben vom 19.06.2018 erfordern die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung grundsätzlich die Aufzeichnung jedes einzelnen Geschäftsvorfalles unmittelbar nach seinem Abschluss und in einem Umfang, der einem sachverständigen Dritten in angemessener Zeit eine lückenlose Überprüfung seiner Grundlagen, seines Inhalts, seiner Entstehung und Abwicklung ermöglicht. Dies gilt auch für Bareinnahmen und Barausgaben.

Dazu sind insbesondere folgenden Angaben über einen Geschäftsvorfall aufzuzeichnen:

  •  Geldbetrag und Gegenleistung
  • Name des Vertragspartners
  • Eindeutige Artikelbeschreibung
  • Endgültiger Verkaufspreis
  • Menge / Anzahl des verkauften Artikeln
  • Jeweiliger Umsatzsteuersatz
  • Umsatzsteuerbetrag
  • Vereinbarte Preisminderungen
  • Zahlungsart (Barzahlung, Überweisung, Zahlung mit EC – oder Kreditkarte)
  • Datum und Zeitpunkt des Umsatzes

Diese Einzelaufzeichnungspflichten gelten unabhängig von der Art der Gewinnermittlungen sowie der Art der Kassenführung (elektronische Registrierkasse oder eine offene Ladenkasse).

3.2. Einzelaufzeichnungen und Kassen

Neben diesen Pflichten sind branchenspezifische Mindestaufzeichnungspfllichten und Zumutbarkeitsgesichtspunkte beim Einsatz von Kassen zu berücksichtigen. Denn bei Einzelhändlern und Dienstleistern mit einem hohen Anteil an Laufkundschaft müssen die Kundendaten (Name und Anschrift) nicht aufgezeichnet werden. Dies gilt auch, wenn ein elektronischen Aufzeichnungssystem eine Kundenerfassung und Kundenverwaltung zulässt, die Kundendaten aber tatsächlich nicht oder nur teilweise erfasst werden. Soweit Aufzeichnungen über Kundendaten tatsächlich geführt werden, sind sie aufbewahrungspflichtig, sofern dem nicht gesetzliche Vorschriften entgegenstehen.

Werden diese Einzelaufzeichnungen geführt, egal ob unter Verwendung einer elektronischen Registrierkasse oder einer offenen Ladenkasse, so müssen diese immer gespeichert und vorgelegt werden. Näheres zum konkreten Umfang der Aufbewahrung bzw. der Speicherung entnehmen Sie bitte Punkt 4 unseres Informationsschreibens.

3.3. Besonderheit offene Ladenkasse

Eine gesetzliche Verpflichtung zur Verwendung eines elektronischen Aufzeichnungssystems besteht nicht, sodass auch sog. offenen Ladenkassen verwendet werden dürften. Dazu zählen insbesondere Geldladen, Geldkassetten, Schubladen und andere Utensilien zur Aufbewahrung von Bargeld ohne Einsatz technischer Hilfsmittel.

Auch bei einer offenen Ladenkasse besteht zur Erfüllung der Anforderungen an eine ordnungsgemäße Kassenführung die Verpflichtungen jeden einzelnen Geschäftsvorfall dem Grunde nach aufzuzeichnen.

Aufzuzeichnen sind:

  • Identität des Verkäufers (Name, Firma und Anschrift)
  • Identität des Käufers (Name, Firma und Anschrift)
  • Inhalts des Geschäfts (Liefergegenstand, Art der Dienstleistung)
  • Zahlungsbetrag (Gegenleistung)
  • Getrennt nach Steuersätzen 7% oder 19% bzw. 5% oder 16% in der Zeit zwischen dem 01.07. bis 31.12.2020
  • Steuerbetrag in Euro und der Gesamtbetrag

Es ist jedoch zu beachten, dass die o.a. Ausnahmen zur Aufzeichnung der Kundendaten bei einer Vielzahl von Laufkundschaft auch hier gelten.

Diese Aufzeichnung kann in Form eines Kassenbuches zur Erstellung der einzelnen Kassenberichte erfolgen. Wird ein Kassenbericht zur Ermittlung der Tageslosung verwendet, kann die Einzelaufzeichnung auch durch die geordnete (z.B. nummerierte) Sammlung aller Barbelege gewährleistet sein.

Die Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sind täglich festzuhalten. Werden diese ausnahmsweise erst am nächsten Geschäftstag aufgezeichnet, ist dies noch ordnungsgemäß, wenn zwingende geschäftliche Gründe der Aufzeichnung am gleichen Tag entgegenstehen.

Auch für offene Ladenkassen gilt eine Ausnahme von der Einzelaufzeichnugspflicht aus Zumutbarkeitsgründen. Die Bareinnahmen müssen dann zumindest anhand eines täglichen Kassenberichts nachgewiesen werden. Hierbei ist stets vom gezählten Kassenendbestand des jeweiligen Geschäftstages auszugehen. Von diesem Kassenendbestand werden der Endbestand bei Geschäftsschluss des Vortrages sowie durch Eigenbeleg zu belegen Barleinlagen abgezogen. Ausgaben und durch Eigenbeleg nachzuweisende Barentnahmen sind hinzuzurechnen (sog. retrograde Methode).

Sollten Sie sich unschlüssig sein, ob auch für Sie diese Ausnahme zutrifft, so hilft Ihnen das Kanzleiteam von Klinkenberg & Kloubert bei Einschätzung Ihres konkreten Falles gerne weiter.

Um auch im Rahmen einer ggf. vorgenommen Betriebsprüfung oder einer Kassen-Nachschau gerüstet zu sein, müssen Sie zudem noch folgendes beachten:

  • Bei Unternehmen mit mehreren offenen Ladenkassen sind Aufzeichnungen für jede einzelne Kasse erforderlich (so BFH mit Urteil vom 13.03.2013 – X B 16/12).
  • Rundungen und Schätzungen sind nicht zulässig.
  • Kassenbücher und Kassenbestandsrechnungen können den Kassenbericht selbst dann nicht ersetzen, wenn in einer gesonderten Spalte Kassenbestände nachgewiesen werden.
  • Die Erstellung eines Zählprotokolls ist für Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung nicht verpflichtend (so BFH mit Urteil vom 16.12.2016 – X B 41/16). Wir empfehlen Ihnen jedoch den Geldbestand am Tagesande durch ein solches Protokoll nachzuweisen, um die Ordnungsmäßigkeit der Kasse so besser gegenüber dem Finanzamt belegen zu können.
  • Ein mit Standardsoftware (z.B. Office-Programmen) erstellter Kassenbericht ist nicht gegen nachträgliche Änderungen geschützt und entspricht daher nicht den gesetzlichen Vorschriften.

Weitere Ausführungen zu Außenprüfungen und einer Kassen-Nachschau finden Sie unter Punkt 7.1. dieses Informationsschreibens.

Zudem ist neben der verfahrensrechtlichen Seite auch in bestimmten Fällen die umsatzsteuerrechtliche Seite zu betrachten. Denn das Führen eines Kassenberichts reicht für die umsatzsteuerlichen Einzelaufzeichnungspflichten nach §22 UStG nicht aus. Somit müssen Unternehmer, deren Umsätze unterschiedlichen Steuersätzen unterliegen, zur Feststellung der Steuer und der Grundlage Ihrer Berechnungen neben dem Kassenbericht weiterhin Einzelaufzeichnungen führen.

4. Aufbewahrungspflicht

Die o.a. Daten sind innerhalb des Systems oder auf einem externen Datenträger unveränderbar in einem maschinell auswertbaren Datenformat mit Strukturinformationen für die Dauer der gesetzlichen Aufbewahrungsfrist jederzeit verfügbar und unverzüglich lesbar (z.B. für Betriebsprüfungen oder eine Kassen-Nachschau s.u.) aufzubewahren.

Diese aufbewahrungspflichtigen „elektronische Daten“ sind u.a.:

  • Jeder einzelne Geschäftsvorfall einschließlich aller Änderungen (Stornos, Warenrücknahmen etc.)
  • Alle steuerliche relevanten Einzeldaten
  • Elektronisch erzeugte Rechnungen
  • Programmierdaten
  • Journaldaten
  • Berichtsabfragen
  • Stammdaten mit sämtlichen Änderungen
  • Strukturinformationen  und Datensatzbeschreibungen
  • Organisationsunterlagen (z.B. Bedienungsanleitungen, Handbücher etc.)

Es ist zu beachten, dass die Aufbewahrung der Kassendaten in ausgedruckter Form nicht ausreichend ist, sofern keine offene Ladenkasse vorliegt. Zudem müssen die Daten, Datensätze, elektronischen Dokumente und Unterlagen ausreichend geschützt werden, da bei Verlust die Buchführung formell nicht mehr ordnungsgemäß und eine Hinzuschätzung von Einnahmen durch das Finanzamt droht.

Die Beschreibung der Vorgehensweise zur Datensicherung ist zudem Bestandteil der sog. Verfahrensdokumentation (siehe Punkt 5). In welchem Umfang eine solche Dokumentation vorgenommen werden muss ist vom konkreten Einzelfall abhängig.

5. Verfahrensdokumentation

Um die Bücher und Aufzeichnungen nachprüfen zu können muss seit längerer Zeit eine aussagekräftige und vollständige Verfahrensdokumentation erstellt werden, die sowohl die aktuellen als auch die historischen Verfahrensinhalte für die Dauer der Aufbewahrungsfirst nachweist.

Da diese Verfahrensdokumentationen seit neuestem nunmehr auch im Rahmen von Betriebsprüfungen vorgelegt werden müssen, möchten wir Ihnen dieses Thema als eigenständigen „Thema des Monats September“ auf unserer Homepage vorstellen, um Ihnen ein möglichst genaues Bild über diese Thematik und den vorzunehmenden Handlungen bieten zu können. Hierüber haben wir auch bereits bei Einführung der Notwendigkeit einer Verfahrensdokumentation informiert.

6. Einsatz eines elektronischen Aufzeichnungssystems

6.1. Hintergrund

Wie bereits unter Punkt 1 erwähnt, wurde bereits Ende 2016 die Verpflichtung zur Aufrüstung der Kassensysteme mit einer „Technischen Sicherheitseinrichtung“ (TSE) zum 01.01.2020 eingeführt. Mit BMF-Schreiben vom 06.11.2019 wurde seitens des Gesetzgebers klar gestellt, dass die technisch notwendigen Anpassungen und Aufrüstungen umgehend durchzuführen sind. Hierüber hatten wir Sie bereits mehrfach informiert, damit Sie sich mit Ihrem Kassenhersteller für eine fristgerechte Umsetzung in Verbindung setzen können.

Die konkreten Regelungen insbesondere zur konkreten Feststellung von Erfordernissen der technischen Sicherheitseinrichtung, zu Datenformaten und – Inhalten sowie zum Melde- und Antragsverfahren sind in der Kassensicherungsverordnung (KassenSichV) festgelegt.

6.2. Nichtbeanstandungsregelung und Übergangsfristen

Um die Implementierung der Kassen auch fristgerecht umsetzen zu können wurde im o.a. BMF-Schreiben auch eine Nichtbeanstandungsregelung eingeführt. Es wird bis zum 30.09.2020 nicht beanstandet, das die mit einer TSE aufrüstbaren Kassensysteme noch nicht über eine zertifizierte Sicherheitseinrichtung verfügen.

Die Kassensysteme, welche nicht mit einer TSE aufgerüstet werden können, dürfen ab dem 01.01.2020 nicht mehr in den Verkehr gebracht und eingesetzt werden.

Zudem gilt neben dieser Nichtbeanstandungsregelung eine Übergangsfrist für Kassen, welche nach dem 26.11.2010 und vor dem 01.01.2020 angeschafft, die zwar den Anforderungen des damaligen BMF-Schreibens vom 26.11.2010 entsprechend, aber bauartbedingt nicht mehr aufrüstbar sind, so können diese bis einschließlich 31.12.2022 weiterverwendet werden.

Aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie erscheint es als wenig realistisch, dass die Frist bis zum 30.09.2020 bis zur Umstellung noch realisierbar ist. Der Bund hat zwar eine weitere Fristverlängerung abgelehnt, jedoch wurde seitens einiger Bundesländer (Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig Holstein) eine Fristverlängerung zur Umsetzung bis zum 31.03.2021 aus Billigkeitsgründen gewährt.

Dies ist jedoch an folgende Voraussetzungen geknüpft:

• die erforderliche Anzahl an TSE wurde bei einem Kassenfachhändler oder einem anderen Dienstleister bis zum 30.09.2020 nachweislich verbindlich bestellt bzw. in Auftrag gegeben oder

• der Einbau einer cloud-basierten TSE ist vorgesehen (z.B. bei einer Zentralkasse in Unternehmen mit einer Vielzahl von Filialen), welche jedoch nachweislich noch nicht verfügbar ist.

Wir empfehlen Ihnen diese Voraussetzungen (z.B. Schreiben des Kassenherstellers, dass eine verbindliche Bestellung oder Auftrag vorliegt) zu dokumentieren, da ein gesonderter Antrag bei den Finanzämtern für eine solche Fristverlängerung nicht erforderlich ist. Dies bietet Ihnen bei einer späteren Überprüfung eine Rechtssicherheit, dass die Voraussetzungen zum damaligen Zeitpunkt vorlagen.

6.3. Mitteilungspflicht

Von der gesetzlichen Mitteilung nach §146a(4) AO ist bis zum Einsatz einer elektronischen Übermittlungsmöglichkeit abzusehen. Der Zeitpunkt des Einsatzes der elektronischen Übermittlungsmöglichkeit wird im Bundessteuerblatt Teil I gesondert bekannt gegeben.

7. Besonderheit Außenprüfungen und Kassen-Nachschau

7.1. Kassenführung und Betriebsprüfung: Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung

Vor allem in bargeldintensiven Betrieben, bei denen die Kassenführung bzw. Baraufzeichnungen Grundlagen für die Ermittlung der Einnahmen sind, kommt es in diesem Zusammenhang oftmals zu Prüfungsschwer-punkten seitens der Betriebsprüfung.

Um einer möglichen Verwerfung der Kassenbuchführung aufgrund mangelnder Ordnungsmäßigkeit entgegenzuwirken und mögliche Hinzuschätzungen zu vermeiden, ist es demnach äußerst wichtig, die o.a. Spielregeln im Umgang mit einer Kasse zu beachten.

Daher möchten wir Ihnen neben den bereits vorgestellten Voraussetzungen für die Ordnungsmäßigkeit einer Kassenführung noch weitere Voraussetzungen vorstellen bzw. die bisherigen vertiefen.

7.1.1. Geschäftskasse

So trivial es sich zunächst anhören mag, so ist das Vorhandensein einer Geschäftskasse für die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung unerlässlich. Denn es liegt ein Verstoß gegen die Ordnungsmäßig-keit der Buchführung vor, wenn Privat- und Geschäftskasse nicht getrennt werden.

Hinsichtlich der Besonderheiten einer offenen Ladenkasse verweisen wir auf die Ausführungen in Punkt 3.4. dieses Informationsschreibens.

7.1.2. Kassenkonto

Auch das Kassenkonto gehört zur Grundlage einer ordnungsgemäßen Buchführung. Das Sachkonto „Kasse“ kann nur im Ausnahmefall als Kassenbuch (s.u.) geführt werden, sofern nur geringe Bargeschäfte anfallen. Denn unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Klarheit einer kaufmännischen Buchführung müssen die baren und unbaren Geschäftsvorfälle getrennt aufgezeichnet werden.

7.1.3. Besonderheit Kassensturzfähigkeit

Im Rahmen einer Betriebsprüfung sowie einer Kassen-Nachschau (s.u.) gibt es die Kontrollmöglichkeit eines sog. Kassensturzes. Dabei wird festgestellt, ob der tatsächliche Geldbestand in der Kasse mit dem buchmäßen Geldbestand übereinstimmt.

Denn Sinn des Festhaltens von Kasseneinnahmen und Kassenausgaben ist, dass es dem Prüfer jederzeit möglich ist, den Sollbestand des Kassenbuches mit dem Istbestand der Geschäftskasse zu vergleichen. Laut Rechtsprechung muss eine jederzeitige Kassensturzfähigkeit gegeben sein.

Sofern Differenzen auftreten hat der Prüfer im Rahmen einer Betriebsprüfung ein gewichtiges Argument für Hinzuschätzungen.

7.1.4. Programmierprotokolle

Im Rahmen der allgemeinen Kassenführung ist zudem zwingend darauf zu achten, dass sämtliche vorgenommenen Änderungen am Kassensystem (z.B. aktuell Änderung der Umsatzsteuersätze, Änderungen der angebotenen Waren / Dienstleistungen) im Kassensystem protokolliert und sicher gespeichert werden müssen (sog. steuerliche Programmierprotokolle). Liegen diese Protokolle nicht oder nur zum Teil vor, führt dies i.d.R. zu einer Hinzuschätzung seitens der Betriebsprüfung. Dies wurde auch nochmals vom BFH mit Urteil vom 23.02.2018 – X B 65/17 bestätigt.

7.2. Datenzugriff der Finanzverwaltung

7.2.1. Kassen mit zertifizierter technischer Sicherheitseinrichtung

Auch wenn die Frist zur Nachrüstung der TSE u.U. nochmals verlängert wurde, wird dies in Zukunft auch bei Betriebsprüfungen im Rahmen der Datenüberlassung eine Rolle spielen. Denn es muss nunmehr auch ein Datenzugriff auf die sog. abgesicherten Anwendungsdaten aus der TSE entsprechend der Technischen Richtlinie BSI TR-03153 ermöglicht werden (sog. TAR-Files).

7.2.2. Nicht aufrüstbare Registrierkassen

Wie bereits unter Punkt 6.2. erwähnt gibt es gewissen Nichtbeanstandungsregelungen. Sofern also weiterhin eine nicht aufrüstbare Registrierkasse bis zum 31.12.2022 weiterhin eingesetzt wird, verlangt die Finanzverwaltung, dass die Kasseneinzeldaten auf einem maschinell auswertbaren Datenträger (z.B. CD oder USB-Stick) zur Verfügung gestellt werden. Diese Daten müssen zudem manipulationssicher, unverändert, vollständig und jederzeit lesbar gespeichert werden.

Wir empfehlen Ihnen auch hier ein Herstellerschreiben, dass Ihre Kasse bauartbedingt nicht mehr aufrüstbar ist zu, zu Dokumentationszwecken aufzubewahren.

7.3. Instrument der Kassen-Nachschau

Durch das Ende 2016 verabschiedete Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen wurde der Weg für ein weiteres Instrumentarium zur Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Aufzeichnungen und Buchungen von Kasseneinnahmen und Kassenausgaben durch die Finanzverwaltung eingeführt.

Dabei kann eine unangekündigte Prüfung durch Amtsträger während der üblichen Geschäfts-und Arbeitszeiten stattfinden.

Nähere Informationen entnehmen Sie bitte unserer Mandanten-Information „Neuregelung der Kassenführung – Unangekündigte Kassennachschau ab 2018“ vom 05.10.2017. Sollte Ihnen dieses Schreiben nicht mehr vorliegen, können Sie gerne Kontakt zu uns aufnehmen, sodass wir Ihnen dieses gerne nochmals zukommen lassen können.

8. Folgen von Mängeln

Wie auch schon mehrfach in unserem Informationsschreiben angedeutet, hat eine nicht ordnungsgemäße Kassenführung mehrere Folgen für Sie als Steuerpflichtigen.

Denn sofern die Kassenführung nicht ordnungsgemäß ist, hat dies u.U. den Verlust der Ordnungsmäßigkeit der gesamten Buchführung zur Folge. Das Ergebnis der Buchführung entfaltet daher nach §158 AO keine Beweiskraft für die Besteuerung, sodass das Finanzamt befugt ist diese Besteuerungsgrundlagen durch Hinzuschätzungen zu schätzen (siehe OFD-Verfügung Karlsruhe vom 31.10.2016). Der Schätzrahmen bewegt sich dann i.d.R. zwischen 2% bis 10% des jährlichen Umsatzes.

Sofern darüber hinaus noch weitere Unschlüssigkeiten durch z.B. durch Umsatzverprobungen etc. festgestellt werden, kann dies nicht selten auch zur Eröffnung eines Steuerstrafverfahrens führen.

9. Fazit

Es bleibt festzuhalten, dass gerade im Bereich von bargeldintensiven Geschäften ein besonderes Augenmerk auf die Ordnungsmäßigkeit der Kassenführung gelegt werden muss, um ansonsten unschöne Überraschungen durch z.B. Betriebsprüfungen etc. entgegen zu wirken.

Denn gerade im Bereich der Kassenführung wurden seitens des Gesetzgebers erhebliche Neuerungen sowie Verschärfungen vorangetrieben. Dies mündet nunmehr in der Implementierung der o.a. technischen Sicherheitseinrichtung für elektronische Registrierkassen.

Wir begrüßen daher – auch unter Berücksichtigung der aktuellen Corona-Pandemie unter der auch gerade solche bargeldintensiven Geschäfte (z.B. Gastronomie) stark leiden – eine weitere Verlängerung der Fristen bis zum 30.03.2021, sofern man die o.a. Voraussetzungen nachweisen kann.

Wir hoffen Ihnen hiermit eine Hilfestellung sowie einen prägnanten Überblick über das umfangreiche Thema Kassenführung bieten zu können und stehen für weitere Rückfragen gerne zur Verfügung.

Ihr Kanzleiteam
Klinkenberg & Kloubert

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